Für die Optimierung der Aerodynamik und Technik sind Triathleten seit jeher bereit große Summen zu investieren. Das unterstreicht ebenso den ungebrochenen Trend zu aerodynamisch optimierten Rennrädern für die zweite, die materialintensivste Disziplin. Aber für welchen Einsatzbereich und Fahrertyp bringt ein Aero-Renner im Triathlon eigentlich Vorteile? Dem möchte ich mit unserem Praxistest in der Saison 2013 auf den Grund gehen und habe dafür das aktuelle Aeroad CF von Canyon gewählt.

Unter aerodynamischen und biomechanischen Gesichtspunkten könnte man einen Aero-Renner als den idealen Kompromiss für den Trainings- und Renneinsatz verstehen. Hinter einem aerodynamisch optimierten Rennrad verbirgt sich jedoch mehr als ein Zwitter aus Rennrad und Zeitfahrrad. Ein Aero-Renner kann einerseits die optimale Ergänzung zu einem Zeitfahrrad, besonders für das Training sein. Andererseits kann man ihn auch als eigenständige und reinrassige Speedmaschine für Spezialdisziplinen nutzen.

Geometrie und Sitzposition eines Aero-Renners sind verschärfter im Vergleich zum klassischen Rennrad, aber dennoch nicht ganz so extrem wie von einem Zeitfahrrad. Der besondere Vorteil liegt vor allem im Sitzkomfort während langer Trainingseinheiten oder bei umfangreichem Bergfahrten in der Vorbereitungsphase. Die Sitzposition fällt zwar, bedingt durch ein längeres Oberrohr und ein kürzeres Steuerrohr, wesentlich sportlich gestreckter aus. Die Sattelüberhöhung ist hingegen moderater und die Körperhaltung auf längeren Strecken entspannter, als dies auf einem Zeitfahrrad, wie dem Speedmax von Canyon der Fall ist. Die Grundidee und das Gesamtkonzept eines Aero-Renners sind einleuchtend: Kommt man mit weniger Widerstand durch den Wind, spart das Kraft oder ist bei gleicher Leistung schneller.

Canyon Aeroad CF steht für aerodynamischen Komfort mit mehr Druck

Für den Rahmen des Aeroad CF verwendet Canyon aerodynamisch günstige und ovale Rohrformen, die Luftverwirbelungen reduzieren. Ein sanduhrförmiges Steuerrohr bietet dem Wind wesentlich weniger Angriffsfläche, wodurch die Stirn des Aero-Renners ca. 20% geringer als die des Erfolgsmodells Ultimate CF ist. Die Kombination mit einem steileren Sitzwinkel von 74 Grad bringt den Athleten mit dem Lenker weiter nach vorne unten. Die Sitzposition fällt gestreckter aus und erlaubt dank der ordentlichen Sattelüberhöhung ein druckvolleres Pedalieren. Der niedrig angesetzte Hinterbau mit dem organisch geformten Übergang von Kettenstreben, Sattel- und Unterrohr im Press-Fit Tretlagergehäuse charakterisieren wesentlich das Fahrwerk des Aeroad CF. Die Steifigkeitswerte eines Ultimate CF können mit dieser Geometrie zwar nicht ganz erreicht werden, sie reichen aber vollkommen aus, um dem Aero-Renner sichere Fahreigenschaften, Laufruhe und Wendigkeit selbst bei höheren Geschwindigkeiten zu verleihen. Die Stabilität bekommt das Aeroad CF durch die Rohrdimensionen, die mit der Rahmengröße zunehmen.

Sportlich direkt und agil steuert sich das Canyon Aeroad

Ein Highlight sind die wechselbaren Inlays der Aeroblade SL Carbongabel. Das Rake Shift ermöglicht durch einfachen Austausch die Veränderung von Radstands und Nachlauf und damit den Fahreigenschaften des Aeroad CF. So kann sich, je nach Einsatzbereich der Athlet zwischen laufruhig oder sportlich direkt entscheiden. Dennoch bleibt die Lenkung weiterhin ansprechend, ja sie reagiert sogar untypisch spielerisch und positiv. Von einer stoischen Laufruhe, wie man sie meist von Zeitfahrädern kennt, kann nicht die Rede sein. Dafür sorgen auch die speziellen Basaltfasern, die einen deutlichen Komfortgewinn in vertikaler Richtung erzielen. Durch belastungsgerecht verlegte Carbonfasern für mehr Seitensteifigkeit bei starken Stößen und Vibrationen, sowie der spezielle Gabelform hat Canyon einen perfekten Mittelweg zwischen Aerodynamik und Leichtbau eingeschlagen.

Großzügiger Setback für vielseitige Sitzpositionen&lt

Ein optisches Schmankerl sind die innen verlegten Seilzüge sowie die integrierte Klemmung der Sattelstütze. Sie fixiert die aerodynamisch optimierte VCLS Sattelstütze mit zwei Schrauben am Oberrohr. Die Eigenentwicklung aus Karbon- und Basaltfasern mit ovaler Rohrform verleiht der Sattelstütze mehr Steifigkeit und bessere Dämpfung. Der großzügige Einstellbereich des Sattelstützenkopfes mit einem Setback von 20mm schafft eine Vielzahl verschiedener Sitzpositionen und erlaubt die Sitzposition des Fahrers weiter nach vorne zu bringen. Einziges Manko: Die Schrauben der Klemmung sollten stets sauberes und gleichmäßig eingedreht werden, um nicht die einlaminierten Gewindeösen zu beschädigen. Ein Wechsel der im Karbonrohr befindlichen Inserts ist nicht möglich.

Erstklassige Komponenten mit 11 Gänge-Menü&lt

Canyon liefert wie alle seine Rahmen auch das Aeroad CF mit verschiedenen perfekten Setups, im Test fahre ich Shimano’s neue Dura Ace 9000. Für 2013 hat Shimano seiner Premium-Gruppe mit einer komplett neuen Kurbel und einer 11-fach Kassette (11-28er) ein ordentliches Update und Facelift verpasst. Auch die elektronische Version der Dura Ace, die Di2 wurde kompakter, leichter und um einige Bauteile erweitert. Die neue Kurbel wurde steifer und fällt durch ihr asymmetrisches Design mit vierarmiger Kettenblattaufnahme auf. Ohne großem Umbau kann sie jetzt auch als Kompaktkurbel mit allen Dura-Ace Kettenblättern (50/34 – 55/42) genutzt werden. Die 11-fach Kassette gibt es in fünf Abstufungen mit allen Ritzeln ab 16 Zähnen aus Titanium und einem Carbon-Ritzelträger.

Geringerer Kraftaufwand durch schlankere Schalthebel&lt

Die neuen Dura-Ace Schalthebel sind schlanker, der Umfang der Hörnchen hat abgenommen und der Auslöseweg wurde um 30 Prozent verkürzt. Damit möchte Shimano den Komfort und die Kontrolle steigern, Schaltvorgänge sollen damit noch schneller werden. Mit den neuen Polymer-Material beschichteten Dura-Ace-Innenzügen klappt der Schaltvorgang beinahe reibungslos.

Mehr Bremskraft, weniger Aufwand

Shimano hat mit der 9000er von Dura-Ace nun auch den Bremsen ein komplettes Update verpasst. Die Bremsarme sind nun kürzer und ergonomischer als die der Vorgängergruppe. Die Bremskraft wird nun durch zwei Drehpunkte, statt bisher einem, bei gleichem Kraftaufwand wesentlich erhöht. Damit ist die Gegenüber die Bremsleistung laut Shimano um 10 Prozent gestiegen.

Leistungsstarker Laufradsatz

Bei den Laufrädern macht Canyon setzt unter anderem auf die gesamte Erfahrung von Reynolds und deren High-End Carbon Radsätze. Mit ihrem neuen Assault-Laufradsatz haben die Amerikaner eine Carbon Clincher Felgen realisiert und behaupten

Mein erster Eindruck vom Canyon Aeroad&lt

die Assaults sehen ziemlich scharf am Aeroad CF aus, sicher auch ein Grund warum sich Canyon für die komplett schwarzen Carbon Clincher entscheiden hat. Die hohen Felgen mit den ebenso schwarzen Grafiken erwecken eindeutige Wettkampfambitionen. Sobald die Assaults rollen, sorgt die Laufräder für eine sanfte Fahrt und sind dennoch sehr steif und bieten einen festen Halt, geht man für einen Antritt aus dem Sattel. Auch wenn sich die Clincher ein wenig träge beim Klettern aus dem Sattel an fühlten, bremst man mit den Reynolds eigenen Cryo Blau Bremsbacken ist äußerst zufriedenstellend und grenzt zwar an gut, ist aber nicht gut genug, um ein besonders aggressives Bremsen zu riskieren. Die Bremsbacken greifen konsequent, auch wenn sie ein wenig lauter werden, wenn Man vernimmt ein leichtes Zwitschern oder Zirpen, dass offensichtlich nur bei höheren Geschwindigkeiten bei kräftigem Bremsen entsteht. Am auffälligsten war die Wirkung des Windes auf die Laufräder. Die Felgen fangen, wie die meisten Hochflanschfelgen natürlich leicht den Wind und so erfordert ein starker Seitenwind leichte Kurskorrekturen. Unter ruhigen Bedingungen erzeugt der Wind ein Kreiselgefühl, dass das Vorderrad manchmal schwer und widerwillig zu lenken macht. Insgesamt ist der Assault Laufradsatz leistungsstark, aber es fehlt ihm ein wenig Vielseitigkeit.

Stimmiges Gesamtkonzept für ambitionierte Triathleten und Einsteiger

Das Gesamtkonzept des Aeroad CF wirkt durchdacht und ist stimmig. Es bietet Möglichkeiten, die weit über denen eines herkömmlichen Rennrades liegen. Das macht es besonders für den Einsatz im Triathlon interessant, denn seine Einsatzmöglichkeiten scheinen ebenso variabel, wie das Bike selbst. Die aerodynamischen Eigenschaften des Aeroad CF alleine dürften in einem Triathlon eher eine untergeordnete Rolle spielen. Aber die Kombination von Bike und Athlet aufgrund der flacheren Sitzposition und besser Kraftumsetzung birgt Vorteile für leidenschaftliche Rennradfahrer, die sich noch nicht für eine reinrassige Zeitfahrmaschine entscheiden möchten. Dennoch bedeuten Aero-Renner auch eine gewisse Abkehr vom bisherigen Streben nach höchster Steifigkeit bei geringem Gewicht, wobei gerade das Aeroad CF eine ideale Alternative für die unterschiedlichen Anforderungen von Training und Wettkämpfen über die Sprint- und Kurzdistanz sind. Ambitionierte Triathleten könnten das Aeroad CF auch ein perfektes Trainingsrad in der Vorbereitungsphase einsetzen, um den Übergang in die Wettkampfphase und auf ein Zeitfahrrad, wie dem Canyon Speedmax, aufgrund der überhöhten und aerodynamischeren Sitzposition zu erleichtern. Aber genau hier möchte Canyon das Aeroad CF positionieren, als aerodynamisches Rennrad für ambitionierte Athleten und rasante Attacken auf anspruchsvollen Streckenprofilen.

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