Am Sonntag, 07. Juli 2019 war es für Jarit Lötz endlich soweit, es war Race Day der Challenge Roth und seine Premiere auf der Langdistanz. 365 Tage nach seiner Anmeldung, 365 Tage an dem kein Tag verging ohne eines Gedanken an diese Rennen in Roth. Fast acht Monate fokussiertes Training und intensive Vorbereitung in allen drei Disziplinen für diesen einen besonderen Tag – meinen längsten Tag des Jahres 2019. Es war eine Vorbereitung mit einigen Höhen und Tiefen, mit über 9000 km im Sattel , davon alleine 2000 km auf der einsamen Rolle, mit knapp 1500 km in den Laufschuhen und etwa 280 km im Wasser. Vier Wochen war Jarit Lötz insgesamt im Trainingslager und Verletzung erforderte sogar eine ungeplante Trainingspause. Eine Vorbereitungszeit die unseren Triathleten Jarit einige Male an seine Leistungsgrenze brachte – gewollt für das grosse Ziel: Die Premiere auf der Langdistanz. Sein Erlebnis und seine Emotionen hat unser Athlet Jarit Lötz in seinem Rennbericht ausführlich und authentisch auf’s Papier gebracht.

Mein Wecker läutete bereits um 3.45 Uhr nach einer überraschend erholsamen Nacht. Meine Freude und Aufregung waren goss, nur selten in meinen Leben war ich bislang so nervös. Jetzt war er also endlich da, der 07.07.2019, der wichtigste Tag meines Triathlonjahres, die Challenge Roth, meine erste Langdistanz!

Ich machte mir mein Frühstück und bereitete die Rennverpflegung vor. Ein letzter Espresso und dann los mit dem Auto zum Schwimmstart nach Hilpoltstein. Es regnete in Strömenden als wir ankamen. Mein Blick von der Brücke auf die Wechselzone und dazu die dramatische Musik sorgten für unglaubliche Emotionen. Ich bekam sofort Gänsehaut.

Um 5.45 Uhr, eine Stunde vor meinem Start präparierte ich mein Zeitfahrrad und meine Wechselsachen. Noch einmal ging ich zu meiner Familie und meinem, dem besten Supportteam um den Neoprenanzug anzuziehen und letzte Tipps abzuholen. Es wurde jetzt Zeit, dass es endlich losging, denn meine Aufregung war kaum noch mehr zu ertragen.

Der Challenge Roth Fokus: In der Ruhe liegt die Kraft

Der Start der Profis erfolgte pünktlich um 06:30 Uhr und dann durfte ich endlich auch ins den Main-Donau-Kanal. Noch 15 Minuten Ab diesem Moment habe ich nur noch diese unbeschreibliche Stimmung rund um den Kanal genossen. Ich bin noch einmal meine Renntaktik durchgegangen, habe mich an die wichtigen Worte meines Trainers Stefan erinnert und freute mich auf das Rennen. Ich wurde immer ruhiger und fokussierter, ich sammelte meine Kräfte. Nur noch wenige Minuten bis zum Start der zweiten Welle, meinem Start.

06.45 Uhr ein Böllerschuss gab unseren Start frei und ab ging die Post. Die ersten 500 Meter waren eine einzige Prügelei ohne Rücksicht auf Verluste, das mit Schwimmen nur kaum etwas zu tun hatte. Nach 10 Minuten etwa wurde es besser und es bildeten sich kleine Schwimmgruppen. Nach 1500 Metern kam die erste Wendeboje und mit 22:30 Minuten war ich optimal ins Rennen gestartet. Meine Arme waren locker und das Wassergefühl war gut. Vor mir schwamm eine große Gruppe also versuchte ich die Lücke zu schliessen, um fortan im Wasserschatten zu schwimmen. Nach nur 58:00 Minuten stieg ich dann schon wieder aus dem Wasser und mit einem flotten ersten Wechsel auf mein Zeitfahrrad.

Die ersten Meter mit dem Rad waren der absolute Hammer. Hunderte Zuschauer säumten die Brücke über den Main-Donau-Kanal und die grossartige Stimmung sorgte für eine super Motivation. Kurz danach allerdings ein paar Minuten der Verunsicherung: Mein rechter Radschuh ließ sich nicht schließen, also fuhr ich offen weiter, denn erstmal musste ich mich um meine Verpflegung kümmern. Meine Verpflegungsstrategie auf dem Rad lautetet ein Energie-Gel pro 10km. Meine Beine waren grandios wodurch die ersten 30 Kilometer fast im Fluge vergingen. Zwar bildeten sich immer wieder kleine Radgruppen um mich, aber die Abstände wurden stets eingehalten und es wurde unglaublich Fair gefahren.

CHALLENGE ROTH 2019 PREMIER MIT GÄNSEHAUT NACH PLAN @ Jarit Lötz
CHALLENGE ROTH 2019 PREMIER MIT GÄNSEHAUT NACH PLAN @ Jarit Lötz

Ein guter Athlet hat ein gutes Körpergefühl

Nach 38 Kilometern ging es das erste Mal den Kalvarienberg in Greding hinauf. Erneut standen hunderte Zuschauer am Streckenrand und „peitschten“ jeden Triathleten regelrecht die Steigung hinauf. Ich musste aufpassen nicht zu überziehen, so leicht rollte es bergauf. Es lief weiterhin flüssig und ich konnte meine vorgegebene Pace gut treten. Sogar meinen Radschuh habe ich endlich schliessen können.

Das absolute Highlight der Radstrecke der Challenge Roth folgte endlich: Der legendäre Solarer Berg. Allerdings sieht man keinen Berg sondern eine pure Menschenwand, die sich erst kurz vor einem auftat, um den Triathleten den Weg frei zu geben. 2 Minuten ohrenbetäubender Lärm, Gänsehaut und Pippi in den Augen. Diese Stimmung sollte jeder Triathlet einmal in seiner aktiven Karriere erlebt haben.

Während der gesamten ersten Runde macht ich die Pace unserer Gruppe also beschloss ich den Druck allmählich zu erhöhen. Ich konnte mich von der Gruppe lösen und war allein unterwegs. Allerdings war plötzlich das Display meiner Uhr durchgängig weiss und ich hatte keine Ahnung, wie schnell ich unterwegs und wie hoch meine Herzfrequenz war. Ich gebe zu, das ich für kurze Zeit Panik hatte. Zum Glück fielen mir im selben Moment die Worte meines Trainers ein: „Ein guter Athlet hat stets ein gutes Körpergefühl!“ Ich folgte also meinem Körpergefühl und das klappte prima.

Die zweiten 90 Kilometer waren schneller, der Druck war konstant hoch und dennoch fühlten sich meine Beine unglaublich locker an. Noch einmal den Kalvarienberg hoch und die Zuschauermassen am Solarer Berg genießen, dann waren es nur noch 22 Kilometer bis zur zweiten Wechselzone.

Fliegender Wechsel und kalkulierte Schwächephase

Auch mein zweiter Wechsel lief fliegend und meine Beine fühlten sich auf den ersten Laufkilometern super an. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung ob ich im gesetzten Zeitplan und auf welchem Platz ich unterwegs war – schliesslich lief ich noch immer nach Gefühl und so hatte ich auch nicht das Gefühl bereits 180 Radkilometer in den Beinen zu haben. Nach 5 Kilometern bekam ich dann meine eigene Verpflegung gereicht: Cola mit Gel in einer kleinen Trinkflasche. Eine Antwort auf meine aktuelle Rennsituation bekam ich von meinen Supportern allerdings nicht.

Das lockere Laufgefühl hielt noch bis Kilometer 20 und ich genoss die Einsamkeit am Kanal. Ich hatte richtig Spaß am Laufen. Das änderte sich am Wendepunkt mein Laufstil fühlte sich schlagartig wie Gehen an. Ehrlich gesagt, hatte ich und natürlich auch mein Trainer, das sogar einkalkuliert. Aber man weiss ja nie, wie und wann es einen erwischt. Zu diesem Zeitpunkt machte ich mir tatsächlich Sorgen das Ziel zu erreichen. Dennoch lief ich immer weiter, ging ein paar Meter an jeder Verpflegungsstelle, trank etwas und kühlte mich und lief  wieder weiter. Das dauerte ganze 10 Kilometer und noch immer teilte mir keiner meine Zeit mit. Ich war etwas orientierungslos.

Hart war dann noch einmal die Steigung hoch nach Büchenbach, kaum Zuschauer und sehr einsam. Aber es waren nur noch 12 Kilometer und die Energie kam wieder zurück, meine Beine wollten wieder laufen. Dann endlich bekam ich eine Zwischenzeit bei Kilometer 38 im Marathon 08:45 Stunden. „Unfassbar!. Das kann nicht sein“, dachte ich und grinste.

CHALLENGE ROTH 2019 PREMIER MIT GÄNSEHAUT NACH PLAN @ Jarit Lötz
CHALLENGE ROTH 2019 PREMIER MIT GÄNSEHAUT NACH PLAN @ Jarit Lötz

Das Finale mit Dauergrinsen  und Gänsehaut

Nach 41 Kilometer war dann endlich der legendäre rote Teppich zu sehen und ich konnte schon die Musik und Zuschauer im Stadion der Challenge Roth hören. Ich wusste, jetzt kommt das Beste, nur noch wenige Meter und dann ist es vollbracht. Schon auf den letzten Kilometer hatte ich nur noch ein Dauergrinsen im Gesicht und Gänsehaut am ganzen Körper, genau so, wie von meinem Trainer vorhergesagt. Die letzten Meter durch das Stadion haben all die harten Trainingseinheiten der letzten Monate vergessen lassen. Nach nur 09:09 Stunden habe ich als Achter meine Altersklasse und auf Platz 84 gesamt überglücklich die Ziellinie überquert, komplett leer und ein richtig geiles Gefühl. Das war es absolut wert.

Es war ein fast perfektes Rennen und das Rennen meines Lebens. Ich war auf den Tag genau top fit und konnte meine Leistung zum Saisonhöhepunkt perfekt abrufen. Die fast 8 Monate intensiven Trainings haben sich vollkommen ausgezahlt. Ich hatte bis auf 10 Laufkilometer keine Schwächephasen während der Challenge Roth und konnte mein Rennen fast durchgängig genießen.

Danke

Mein größter Dank geht an meinen Coach, Trainer und Motivator Stefan Drexl. Ohne seiner optimal strukturierten, individuell angepassten Trainingspläne und der empathischen Betreuung wäre meine Leistung so nicht möglich gewesen. Selbst während der Zeit meiner Verletzung unterstützte er mich und stand mir zur Seite, so dass ich mein Ziel, die Challenge Roth nie aus den Augen verloren habe. Die vielen wichtigen Ernährungstipps haben dann die letzten entscheidenden Prozent aus mir rausgeholt und mir diese kontinuierliche Leistung ermöglicht. Er hat mir gelernt, wie wichtig und was gutes Körpergefühl ist, nur so war diese Ergebnis ohne Uhr möglich. Danke für deine Geduld und das grossartige Coaching.

Info

HOMEPAGE Challenge Roth
ERGEBNISSE Challenge Roth 2019

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RACE REPORT Challenge Roth 2016

Text & Photos

Jarit Lötz

Redaktion & Lektorat

Stefan Drexl