Die Triathlon Mitteldistanz Erlangen war meist der Abschluss meiner Triathlon-Saison. Zugleich war das Rennen über die halbe Ironman-Distanz auch stets das Saison-Highlight, das Training und die Vorbereitung waren auf das Finale entsprechend ausgelegt. Erlangen ermöglicht optimale Wettkampfbedingungen und kann seine Teilnehmer oft mit bestem Sommerwetter empfangen. Ideale Voraussetzungen, um am Wettkampftag 100% Leistungen entfalten zu können. Immerhin wurde ich vergangens Jahr Neunter. Das war diesmal allerdings nicht mein Plan, vielmehr sollte die Mitteldistanz ein Formtest für meine erste Langdistanz, den Ironman Vichy werden. Mit diesem Rennverlauf und einem 4. Platz habe ich allerdings nicht gerechnet …

Die Woche vor der Triathlon Mitteldistanz Erlangen am 2. August 2015 war stürmisch und kühl, an ein Radtraining war kaum zu denken. Richtung Wochenende stiegen Temperaturen allmählich wieder und für den Sonntag waren dann sogar Temperaturen bis 30 Grad angekündigt. Das Tapering verlief gut und ich legte mehr Regeneration ein als geplant, um so auch die letzten Tage meiner Vorbereitung für die erste Langdistanz in vier Wochen einmal durchzuspielen. Die Zusammenarbeit mit meinen Physiotherapeuten des Vertrauens, Anderl Ellenrieder und das angepasste Athletiktraining zeigte positive Wirkung – mein Rücken wird von Woche zu Woche besser und ich habe weniger Schmerzen. Vor allem habe ich aber noch einmal meine Ernährung umgestellt, besonders während der Wettkampfwoche und mich auch für eine neue Verpflegungstrategie am Wettkampftag mit ausschließlich Isomaltulose entschieden. Die Triathlon Mitteldistanz sollte schließlich der letzte richtig Test werden, um noch einmal neues auszuprobieren und bewährtes zu verbessern.

 

 

Rituale am Vortag der Triathlon Mitteldistanz Erlangen

Nach einem kurzen Lauf und einer knackigen Schwimmeinheit am Samstag Morgen habe ich mein Bike bei Speed Company abgeholt. Holger hat noch einmal alles akribisch kontrolliert, eine neuen Kette draufgeschnallt und mein Speedmax für den Renntag scharf gestellt. Gleich im Anschluss ging’s nach Erlangen, um so einen entspannten Nachmittag und vor allem nächsten Wettkampfmorgen zu haben. Der Veranstalter belohnt die Abholung der Startunterlagen am Vortag zudem mit der Rückzahlung eines Teilbetrages vom Startgeld. Die Startunterlagen im Sack haben wir uns in der zauberhaften Altstadt von Erlangen in einem netten Cafés bei Cappuccino und Kuchen entspannt. Die Nacht auf Sonntag haben wir uns in einem kleinen Gasthof in Dechsendorf eingemietet, nur fünf Minuten vom Start entfernt,. Nach einem leckeren Risotto am Abend und den rituellen Eisbecher Ben & Jerry’s Cookie Dough war zeitig schlafen angesagt. Eine gewisse Routine und bestimmte Rituale im Ablauf der Rennvorbereitung zu entwickeln, sind hilfreich und geben Sicherheit.

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5:30 Uhr – der Wecker klingelt! Mit ausreichend Zeit und entspannt wollte ich den Tag beginnen. Neben Formcheck und essentiellen Trainingsbaustein sollte die Triathlon Mitteldistanz Erlangen auch ein letzter Test sämtlicher Abläufe der Startvorbereitung werden. Aufgrund der durchwachsenen Woche war erst am Sonntag Morgen klar, dass mit Neoprenanzug geschwommen werden darf. Zwar fühle ich mich selbst als guter Schwimmer im Neoprenanzug etwas wohler, aber ohne dem auftriebsstarken Kälteschutz hätte ich einen größeren Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Um acht Uhr morgens maß das Thermometer 21,0 Grad im Main-Donau-Kanal.

Das gesamte Material, mein Zeitfahrrad und meine Laufsachen waren zügig eingecheckt und es blieb noch ausreichend Zeit die Vereinskollegen in Ruhe zu begrüßen und für einen kurzen Wechselzonen-Smalltalk mit Triathlonfreunden. Eine Stunde vor Start begann ich mit dem Erwärmen: Laufen, Lauf-ABC, Beweglichkeitsübungen und Thera-Band für die erste Disziplin. Anschließend rein in den Neoprenanzug und noch etwas einschwimmen.

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Mit Wasserschatten und Fussmasage ‚First Out Of Water’

Ein lauter Kanonschlag signalisiert pünktlich um 9:05 Uhr unseren Start: Und ab ging die Post! Ich bin aus der Mitte gestartet, um das Feld zu beiden Seiten optimal zu sehen und nicht den Anschluss zu verpassen, falls eine Gruppe abgeht. Ich kam gut weg und hatte mich bereits nach 100 m frei geschwommen. Zu meiner linken Seite, etwa 10 Meter entfernt war ein Schwimmer etwas schneller gestartet. Ich wählte meine Ideallinie so, um an der Biegung des Kanals und vierten Boje dran zu sein. Dem hohen Anfangstempo mußte der Führende bereits nach 500 m Tribut zollen, so dass ich die Spitze übernahm. Das hat mich selbst etwas überrascht. Bis zum Wendepunkt hatte ich freie Bahn, doch auch einen Verfolger, der mir bis zum Ausstieg ordentlich die Füße kraulte. Auch richtig Wasserschatten zu schwimmen will gelernt sein. Wie in jedem Jahr war auf dem Rückweg ordentlich was los durch die vielen Nachzügler der Vorweg gestarteten Kurzdistanz-Triathleten (500 m + 5 min Vorsprung) und von einer Ideallinie keine Spur mehr.

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Kurz vor dem Ausstieg durft ich noch eine Attacke meines Wasserschattens abwehren, der sich wohl nach 1500 m lutschen dann noch selbst für seine Leistung mit dem ‚First Out Of Water’ belohnen wollte. „Spezie, das gehört sich nicht unter Triathleten. Fair geht vor!.“ Nach nur 29 Minuten stieg ich als Erster aus dem Main-Donau-Kanal, begleitet von einem begeistert anfeuernden Publikum. Im Wasser vorne dabei war ich in Erlangen zwar meistens, aber ‚First Out Of Water’ ist mir hier bisher noch nie geglückt.

Erstens kommt es anders und viertens als man plant

Den Neoprenanzug flink abgestreift und in den Beutel gepackt. Radhelm auf, Startnummer dran, Zeitfahrrad gepackt, durch die sehr lange Wechselzone bis zum Radaufstieg gelaufen und aufgeschwungen. Auf meiner ersten Langdistanz wird das sicher etwas weniger hektisch! Nach den ersten 1000 m auf dem Rad war alles eingerichtet und ich fuhr alleine in Begleitung des Führungsmotorrades vorne weg. Motiviert von dem guten Schwimmen habe ich von Beginn an Druck gemacht. Der Plan für den heutigen Tag war eher moderat: Der letzte Test vor meiner ersten Langdistanz war zwar ein hohes Tempo anzulegen, jedoch nicht gleich von Beginn an.

Ich ergriff also die gunst der Stunde und beschloss meinen Plan aufgrund der guten Ausgangslage zu ändern und mein Rennen fortan offensiv zu gestalten. Überraschend war nach 20 km noch kein weiterer Triathlet der Mitteldistanz in Sichtweite. Erst nach 25 km, am ersten Berg kam Bernd Hagen vorbei gerollt und hat mich als Führenden abgelöst. 5 km später hat endlich Vereinskollege Markus Stöhr (SC Prinz Eugen München) aufgeschlossen und zugleich Marco Sahm (IfA Nonstop Bamberg), sowie Matthias Türk (TDM Bamberg) als Verfolger dabei gehabt. Diese Gruppe blieb sodann bis zum Ende der ersten Radrunde zusammen und auch in Begleitung eines Kampfrichters, der ganz genau für die Einhaltung der Windschattenregeln sorgte.

Nach 50 km forcierte Markus das Tempo, denn er wollte den Führenden noch vor dem Wechsel zum Laufen stellen. Wir fuhren im Dreigespann weiter gemeinsam und hielten das Tempo stets hoch. Immer wieder versuchte jeder eine Lücke zu reissen wodurch das Tempo weiter hoch war. Meine Chancen lagen am Berg, wo ich zwar meist einen Abstand von 50 m rausfahren konnte, den meine Begleiter dann aber schnell wieder schlossen.

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Wenn’s mal läuft, dann lässt man’s laufen

Als Dritter bin ich vom Rad abgestiegen und verlor während des Wechsels wieder einen Platz, um mir wie geplant Socken in die Laufschuhe anzuziehen – es war ja schließlich noch immer ein Testwettkampf. 10 Meter hinter Marco Sahm gings an vierter Stelle hinaus auf die Laufstrecke. Meine Beine haben sich trotz der härteren zweiten Disziplin super angefühlt und ich konnte Marco’s Tempo mitgehen. Wir erreichten zum ersten von drei Mal gemeinsam das Stadion. Ebenso geplant bin ich durch die Verpflegungsstelle gegangen, trank etwas Wasser und kühlte mich, um dann wieder zügig weiter zu laufen. Diese Strategie habe ich erstmals an selbem Ort gewählt, als ich einen ausserordetnlich schlechten Tag erwischt. Das hatte sich seitdem auch an guten Wettkampftagen mit guter Tagesform bewährt. Der Abstand zu Marco wurde durch diesen Rhythmus zwar etwas größer, aber ich wollte an der Strategie trotz aussichtsreichem Rennverlauf beibehalten – schließlich galt es noch einen Halbmarathon bei über 30 Grad zu meistern. Ein weiterer Grund war die neue Ernährungsstrategie – während des gesamten Rennens nahm ich ausschließlich Flüssigkeit mit Isomaltulose zu mir – und das Risiko auf den letzten Kilometer einzubrechen wäre sonst einfach zu groß.

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Markus Stöhr hatte sich mittlerweile auch einen ordentlichen Vorsprung auf Bernd Hagen herausgelaufen, der allerdings verletzungsbedingt das Rennen nach 10 km vorzeitig beenden musste. Am letzten Wendepunkt war sein Vorsprung acht Minuten und sollte reichen, um auf den verbleibenden 4 km einen Gang runter zu schalten. Nach dem Wendepunkt kam mir Robert Gößwein schon deutlich früher entgegen. Das Tempo des starken Läufers war mir während der gesamten 21 km aufgefallen und es eng werden würde, die 3. Position halten zu können.

Schmerz und Stolz dank starker Konkurrenz

Drei Kilometer vor dem Ziel war ich im ‚Tunnel’, allmählich schwanden meine Kräfte, die Hitze und der fehlende Wind im Kiefernwald machten es nicht leichter. Ich konzentrierte mich auf die Lauftrechnik und trank an den letzten beiden Verpflegungen etwas Iso und mehr kühles Wasser, um nichts mehr anbrennen zu lassen. Den Überblick meiner Verfolger habe ich bei den vielen Läufern im Wald verloren. Mit der letztmaligen Überquerung des Main-Donau-Kanals konnte ich das nur noch 1000 m entfernte Stadion wieder sehen und das Adrenalin sorgte für einen letzten Erngieschub – die Euphorie wuchs. Ich bog in das Stadion, ein kurzer Blick zur Sicherheit zurück, und konnte nicht fassen, was hier und heute nach 2 km Schwimmen, 84 km Radfahren und fast 21 km Laufen abgelaufen war. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht auf der Triathlon Mitteldistanz Erlangen während der Vorbereitung auf meine erste Langdistanz unter den TOP 5 zu finishen. Von einem begeisterten Publikum empfangen, habe ich nach 4:03 Stunden als Vierter glücklich die Ziellinie überquert. Unfassbar, Läuft, ich bin aufgelöst und muss das erst einmal sacken lassen!

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Gesagt und dann sogleich geschehen, haben mich meine Beine keinen Meter mehr weiter getragen und sind weggesackt. Zum Glück standen Marco und Markus im Zielbereich bei mir und haben mich sofort mit kühlem Wasser versorgt. Was für ein Tag, was für ein Rennen, welch großartige Sportsfreunde? Ohne einer starken Konkurrenz mit solch beeindruckenden Leistungen – dem verdienten Sieger, Markus Stöhr, dem Zweiten, Marco Sahm und Robert Gößwein auf dem 3. Platz, hätte ich mich wohl nicht so geschunden. Danke für die vielen Zusprüche auf der Strecke. Weil der Schmerzt vergeht und der Stolz!

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Mit seiner geographischen Lage, einer vorbildlichen Organisation und optimalen Strecken ist die Triathlon Mitteldistanz Erlangen die goldene Mitte des Triathlons. Die einwandfreie Organisation, die Vielzahl an hoch motivierten und freundlichen Helfern und das begeisterungsfähige Publikum erleichtern den Kampf gegen die Hitze und die Zeit. Ein perfekter Wettkampf mit zudem günstigen Startgeld für einen Saisonhöhepunkt und auch Formtest. Jetzt bleiben mir noch vier Wochen um das zu verdauen und mich nach verdienter Regeneration dem letzten Trainingsblock zu widmen, bevor dann das Tapering beginnt. Der Ironman Vichy kann kommen!

Beinahe zeitgleich hat Simon Drexl im oberbayerischen Flintsbach die Bayerische Triathlon Meisterschaft 2015 in der Jugend A für sich entscheiden. Der Wahnsinn!

ERGEBNIS
Triathlon Mitteldistanz Erlangen 2015

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ERSTER IRONMAN BLOG
BLOG #1: Langdistanz-Debüt nach 25 Jahren Triathlon
BLOG #2: Überraschung und Herausforderung: Anmeldung zur ersten Langdistanz
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Danke an meine Familie, besonders an meine Frau, und meinen Freunden, die mich auf dem Weg zu meiner ersten Langdistanz begleiten und unterstützen. Ohne Eurer Toleranz und Geduld wäre es nicht möglich so ein Projekt erfolgreich umzusetzen.