Surfer Julian Wilson konnte gerade mal laufen, da hat ihn sein Vater auf dem Board hinaus zu den Wellen mitgenommen. Das war dem Kleinsten von drei Brüdern dann aber doch nicht ganz geheuer und er hat es vorgezogen erst einmal in den kleinen Wellen zusammen mit seiner Mutter zu surfen. 20 Jahre später trifft er in den Quaters der Quik Pro an der Gold Coast auf Kelly Slater und gewinnt.

Zuvor wurde der talentierte Australier ISA World Junior Champion und hat seine gesamte Jugend damit verbracht, zu surfen und zahlreiche Titel zu sammeln, unter anderem auch mit dem Longboard. 2010 hat er mit „Scratching the Surface“ seinen ersten eigenen Surffilm veröffentlicht und sich nebenbei für die ASP World Tour empfohlen. Next Generation Surfer Julian Wilson gilt mit 24 Jahren als Shootingstar der Surfwelt, wird von den Medien als Kellys Thronfolger gefeiert und gehört schon jetzt zu den ganz Großen.

Nach der Premiere seines Film-Projekts „Scratching the Surface“ 2011 und kurz vor seinem spektakulären Sponsorenwechsel von Quiksilver zu Nike 6.0 (jetzt Hurley) konnte ich den selbstbewussten Australier für das Blue Surf & Travel Magazin zu einem Interview abfangen.

 

 
Gerade erst fand der Auftakt zur ASP World Tour 2011 in Australien statt, für dich somit der Start in deine erste Saison auf der WT. Wie waren deine Eindrücke und Gedanken nach dem ersten Tourstopp an der Gold Coast?
Ich bin eigentlich immer noch ziemlich aufgeregt und gespannt, was mich 2011 wohl noch alles erwarten wird! Das ist einfach alles wahnsinnig faszinierend. Ich wäre natürlich gerade in diesem Jahr beim Quiksilver Pro gerne etwas weiter gekommen, aber ich bin einfach immer noch sehr glücklich darüber, wie das Jahr begonnen hat.

Der erste Stopp der ASP World Tour ist ja gar nicht so weit von deiner Heimatstadt an der Sunshine Coast entfernt. Du hast in dieser Welle sogar schon einmal Kelly Slater besiegt. Hat dir beides Selbstvertrauen gegeben und war es ein Vorteil oder bist du durch die Anwesenheit deiner australischen Freunde, deiner Familie und wegen der großen Erwartungen an dich eher nervös gewesen?
Snapper, der Spot des Quiksilver Pro, ist einer meiner Lieblingsbreaks. Ich war sehr glücklich darüber, schon einige Male mit einer Wildcard dieses Event gesurft zu sein, somit war es schon deutlich angenehmer für mich, zu meinem Tourauftakt wieder hier herzukommen. Natürlich war ich sehr aufgeregt, aber zugleich begeistert, meine Familie und Freunde hier zu haben.

 

Viel zu reisen und viele Wettkämpfe kann auch anstrengend sein

 
Während deiner Jugend und als Junior hast du an vielen Contests teilgenommen, warst dabei auch sehr erfolgreich und hast eine Menge Titel gewonnen. Hat mit dem vorzeitigen Ausscheiden in der zweiten Runde des Auftakts der ASP World Tour – und das trotz des Heimvorteils – erstmals so etwas wie die Erdung des Julian Wilson stattgefunden?
Ich denke schon, dass ich immer versucht habe, am Boden zu bleiben, auch wenn es oftmals nicht leicht ist. Mir ist durchaus klar, dass ein paar Siege und Titel als Junior in der World Tour nicht viel zählen. Ohne sie hätte ich mich allerdings auch nicht dafür qualifizieren können. Aber auch mein gebrochenes Fußgelenk 2009 hat mir gezeigt, wie schnell alles vorbei sein kann. Ich gebe immer mein Bestes und arbeite hart daran, jetzt einige Zeit auf der Tour bleiben zu können, und hoffe auch, die
Gelegenheit zu haben, einen Contest zu gewinnen.

Ein paar der älteren und erfahreneren Pros kanntest du schon vor deinem Tour-Debüt und du bist mit einigen auch gut befreundet, besonders mit den Jungs, die mit dir in deinem Film „Scratching the Surface“ surfen. Wie verhalten sich denn die anderen Pros der Tour, wenn man, wie du nun, das erste Mal als Rookie auftaucht? Manch einer ist ja doch wesentlich älter als du.
Ja, das stimmt. Aber ich habe wirklich einige großartige Freunde, die schon länger auf der Tour dabei sind. Alle anderen waren eigentlich auch ziemlich locker und nett. Es gab niemanden, der irgendwie feindselig war oder sich negativ mir gegenüber geäußert hat … zumindest nicht direkt.

Gibt es ein paar Pros, mit denen du auf der Tour gemeinsam reisen und während der Contests hauptsächlich deine Zeit verbringen, vielleicht auch zusammen wohnen wirst?
Dadurch dass der Quiksilver Pro mein erster Event der Tour war, bin ich noch nicht so viel gereist und habe mir eigentlich auch noch gar keine richtigen Gedanken darüber gemacht. Aber da einige Freunde, wie beispielsweise Dusty, mit auf der Tour dabei sind, werde ich mich bestimmt für einige Events mit jemandem zusammentun.

Dieses Jahr wirst du sehr viel Zeit damit verbringen, bei Contests und der ASP World Tour zu surfen. Vermisst du nicht diese Unabhängigkeit, die du zuletzt hattest, surfen zu gehen, wann und wo du willst, und dabei Filme zu drehen? Dadurch hast du doch eine Menge Aufmerksamkeit und Bekanntheit erlangt.
Ich habe die beiden letzten Jahre eigentlich sehr intensiv genossen und mich jetzt gut darauf vorbereitet, viel Zeit mit den Reisen und Wettkämpfen zu verbringen. Es ist natürlich ohne Frage großartig, auf der ganzen Welt freesurfen zu gehen und zu filmen, aber auf eine gewisse Art ist das auch stressig und anstrengend. Von beidem etwas – das ist mein Plan für die Zukunft.

 

Mit Mick Fanning hat Surfer Julian Wilson immer etwas zu lachen

 
Reden wir über deinen aktuellen Film „Scratching the Surface“. Es ist der erste Surffilm, der komplett in HD gedreht wurde. Mit traumhaften Spots, atemberaubenden Airs und großartigen Surfern hat er für eine Menge Furore in der weltweiten Surfgemeinde gesorgt. Du warst dafür über 16 Monate unterwegs. Die nächsten Monate wirst du dich nun aber vollständig auf das Contest-Surfen konzentrieren. Gibt’s dennoch Pläne, wieder einen Film zu drehen?
Die Produktion von „Scratching the Surface“ war eine großartige Zeit in meinem Leben und ich bin wirklich stolz darauf, was wir da geschaffen haben. Aber gleichzeitig muss ich sagen, dass es bisher keine Pläne gibt, jemals wieder etwas ähnliches zu machen. Das ist natürlich sehr schade, aber es war auch eine Menge harte Arbeit und viel Stress, das ganze Material zu schneiden.

In „Scratching the Surface“ gibt es eine Menge Airtime von den derzeit progressivsten Surfern, wie Dane und Mick. Hat dich die Zeit mit den anderen Surfern und den unterschiedlichen Styles geprägt und deine Art zu surfen weiterentwickelt, vielleicht sogar verändert?
Mit meinen Freunden und den hoch geschätzten Kollegen zu surfen und zu reisen, war wirklich cool. Besonders mit Mick gab es immer etwas zu lachen, er ist ziemlich locker und ich bin ihm sehr dankbar. Dane ist einfach verrückt, sobald er auf dem Board steht. Ich denke, dass ich von den Jungs eine Menge gelernt habe, und bin sehr glücklich darüber, dass sie dabei waren und Teil des Films sind.

 

Surfer Julian Wilson ist sich der besonderen Verantwortung der Surfer bewusst

 
Die „Sushi Roll“ war 2007 dein erster Air, er hat dich ziemlich bekannt gemacht. Heute ist es der „Alley-Oop“, den keiner so sauber beherrscht. Du arbeitest aber bereits am 720. Welcher ist dein Lieblingsair und in welche Richtung wird sich das Surfen deiner Meinung nach in naher Zukunft weiterentwickeln?
Die „Sushi Roll“ ist zwar nicht mein Lieblingssprung, aber er scheint tatsächlich der bekannteste zu sein. Viele meiner Airs habe ich zuvor auf dem Skateboard gemacht und versuche, sie dann für das Surfen anzupassen. Aber derzeit arbeite ich eigentlich an noch nichts Neuem. Der „Alley-Oop“ ist etwas Besonderes, ich mag ihn, weil man sehr viel Zeit in der Luft hat. Es wäre aber echt großartig, wenn man hoffentlich bald einen echten 720 zu sehen bekäme.

Wenn du noch einmal die Möglichkeit hättest, wen würdest du gerne in deinem nächsten Film surfen sehen?
ha, darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Kelly vielleicht, natürlich auch einige meiner Freunde. Schwierige Frage, besonders weil es einfach noch überhaupt keine Pläne für einen neuen Film gibt.

Derzeit spielt die Natur weltweit verrückt, in Queensland, nördlich deiner Heimatstadt an der Sunshine Coast, gab es vergangenen Sommer eine Menge Regen und Überschwemmungen. Die Mentawai-Inseln, dein Lieblingsspot, wurden vor einigen Jahren von einem Tsunami überrollt. Und jetzt Japan. Denkst du, dass Surfer eine besondere Verantwortung für ihren Spielplatz, den Schutz der Umwelt, der Küsten und des Ozeans haben? Wäre das nicht auch ein Thema für zukünftige Surffilme?
Ja, die Naturkatastrophe kürzlich war ziemlich schrecklich, vor allem weil sie sich so nah vor meiner haustür ereignet hat und auch Orte betraf, zu denen ich gerne fahre. Natürlich haben gerade wir Surfer eine ganz besondere Verantwortung gegenüber der Natur und beim Schutz der Küsten weltweit, an denen wir surfen und den Großteil unserer Zeit verbringen. Das wäre auf jeden Fall und gerade jetzt eine großartige Idee für einen Film, ich überlege mir das, wenn was draus wird, gebe ich dir Bescheid.

 

Next Generation Surfer Julian Wilson möchte weiterhin Freerufen

Welche Ziele hast du dir für dieses Jahr gesteckt, für das Surfen von Contests wie auch das Freesurfen?
Ja, am besten eine gute Mischung aus beidem. Die Teilnahme an der ASP World Tour und den Prime Events sorgen für einen ziemlich dicht gedrängten Wettkampfkalender. Dennoch möchte ich unbedingt bei ein paar Trips dabei sein und auch Freesurfen.

Wir sind schon sehr gespannt, was uns als Nächstes erwartet: der 720 oder ein anderer verrückter neuer Air von dir, vielleicht aber doch auch ein Film. Julian, viel Erfolg auf der World Tour und in den nächsten Jahren. Danke für das Interview.
Keine Ursache, gerne. Danke.

PHOTOCREDITS
Made/A-Frame aframephoto.com
Red Bull Content Pool

INFORMATIONS
Biografie, News, Blog, Infos zu Surfer Juilan Wilson

PUBLISHED
BLUE Surf, Travel & Creative Living Magazine


BLUE Surf and Travel Yearbook 2011

BLUE Surf and Travel Yearbook 2011