Wenige Tage vor dem Marathon München 2015 entscheide ich mich spontan für einen Start. Nur sechs Wochen nach meinem Ironman möchte ich noch einmal einen Marathon laufen ohne zu gehen, was während meiner ersten Langdistanz in Vichy nicht möglich war. 42,195 Kilometer laufen, für mich, für meinen Kopf – eine persönliche Revanche zum Abschluss einer wunderbaren Saison …

Während der zwei Wochen nach meiner ersten Langdistanz in der Auvergne bin ich nur am Strand gelegen oder ein paar Wellen an der französischen Atlantikküste gesurft und habe mich erholt. Wieder in München bin ich einige mal locker gelaufen, Rad gefahren und etwas geschwommen. Die Woche vor dem Marathon habe ich moderat getapert: Intervalle, Steigerungsläufe und Lauf ABC. Den Schwerpunkt meiner Ernährung habe ich auf Proteine gelegt, das optimiert die Speicherung der Kohlenhydrate unmittelbar vor dem Wettkampf. Den Körper und Geist nach den vergangenen Wochen noch einmal zu mobilisieren, noch einmal auf Wettkampfmodus einzustellen, das ist nicht leicht gefallen. Auch weil sich bereits wieder ein paar Pfunde zum idealen Wettkampfgewicht addiert haben.

Mit Haferflocken und Espresso zum Marathon München 2015

Sonntag früh am Morgen, der Wecker klingelt, es ist sieben Uhr. Draussen Nebel, nur acht Grad misst das Thermometer am Balkon. Es fällt zwar schwer bei diesem herbstlichen Wetter aufzustehen, aber es ist Zeit für ein kleines Frühstück: Warme Haferflocken, bevor es aus dem Haus geht noch ein Espresso. Dann geht’s mit dem Rad zum Olympiapark, das spart das Warmlaufen und lockert die Beine. Am Olympiastadium angekommen, hier sind im Jubiläumsjahr Start und Ziel des 30. München Marathons, ist noch etwas Zeit für ein kleines Vorstartprogramm: Etwas Lauf-ABC, Steigerungsläufe und Beweglichkeitsübungen – Routine.

Marathon München 2015: Im Rhythmus durch den Englischen Garten

Start ist um zehn Uhr, anlässlich des Jubiläums diesmal am Coubertinplatz in Mitten des Olympiaparks, und das Ziel traditionell im Olympiastadium – das möchte ich gerne vor 13 Uhr erreichen. Die ersten Kilometer sind schnell aber laufen recht locker. Bei moderatem Anfangstempo unterhalte ich mich mit dem ein und anderen, man kennt sich von den vielen Rennen. Unter anderem mit Julia Viellehner, sie wird die Damenwertung des 30. Marathon München später für sich entscheiden. Auf der Leopoldstrasse in Schwabing, nach fünf Kilometern läuft’s, Schritt- und Herzfrequenz sind im Rhythmus, und es geht in den Englischen Garten – sieben einsame Kilometer durch München’s grüne Lunge folgen.

39 Minuten für die ersten zehn Kilometer, 1 Stunde 24 Minuten für den Halbmarathon – schneller als erwartet, schneller als geplant. Es läuft, alle paar Kilometer stehen die Familie und Freunde an der Strecke, das motiviert. Dennoch nehme ich das Tempo etwas raus, es ist kalt und ich bin schließlich nicht mehr in Topform. Anzukommen und unter drei Stunden zu laufen ist der Plan, nicht mehr und nicht weniger. Besser noch ein paar Reserven für die letzten Kilometer aufheben, für das Finale.

30. Marathon München  2015

Durch die Altstadt beim 30. Marathon München 2015

Stimmung „light“ beim Marathon München 2015

Punkt zwölf Uhr laufe ich über den Marienplatz und der ist endlich voll mit Zuschauern. Nach den einsamen Kilometern durch den Münchener Osten eine angemessene Menge Zuschauer, denke ich mir. Doch die schauen währenddessen alle nach oben, kaum einer applaudiert, denn sie sind nicht etwa wegen des Marathons gekommen. Hunderte Touristen lauschen den Klängen des Glockenspiels im Münchener Rathaus, nur wenige bemerken die schnellsten Athleten über den Marienplatz laufen. Am Odeonsplatz dann endlich ein großes Stimmungsnest, auf den nächsten Kilometern um den Königsplatz und durch die Leopoldstrasse wird man von einer Welle der Begeisterung getragen – jetzt nur nicht überzocken.

An der Ecke Franz-Josef-Strasse, der traditionellen Hot Corner des München Marathons, sorgt Klaus Ruscher für Motivation und schickt die Athleten auf die letzten Kilometer Richtung Olympiastadion. Ich biege links von der Leopoldstrasse ab und laufe vorbei an der 38 KM-Marke. Noch einmal etwas das Tempo anziehen, auch wenn die Beine wegen der Kälte schon am Limit sind. Doch keine Gnade für die Wade, denn jetzt kann nicht mehr viel anbrennen. Als ich mich dem Olympiapark nähere kann ich bereits das Dröhnen der Lautsprecher aus dem Stadion hören: Der Puls ist im Grünen, das Adrenalin steigt, die Uhr zeigt 2:49 Stunden.

Endorphine zur Belohnung im Olympiastadium

Wie ein Magnet wirkt das Olympiastadion, alles läuft, ich fühle mich leicht, zumindest subjektiv. Es werden die schnellsten 1,5 Kilometer, Gänsehaut als ich durch das große Marathontor in das Münchener Olympiastadion einbiege – die Bässe wummern aus den Boxen. 400 Meter auf der Laufbahn zum geniessen, die Erleichterung ist groß, die ganze Anstrengung vergessen. Die Endorphine schlagen Purzelbäume, die Glücksgefühle dieses Moments lassen alle Anstrengung vergessen und ist der Lohn für 42,195 Kilometer. Die Uhr bleibt bei 2 Stunden 55 Minuten stehen und damit ist es für mich gelaufen wie geplant. Das war wichtig für den Kopf, die Beine und für meine nächsten Herausforderungen – zu wissen, dass es doch geht. Zu meiner Überraschung und nach Abgleich mit mehreren Kollegen war die Strecke mit 42,845 km dann auch noch 650 Meter länger. Was war da los? Korrigiert wäre das dann eine Zeit von 2:52:18 h! Die Antwort des Veranstalters auf meine Anfrage ist bis heute offen …

Sechs Monate Training für die Marathon Premiere

Gelaufen wie geplant ist es auch für Florian Weiss, Moderator und einer meiner Athleten. In nur sechs Monaten hat er sich auf seinen ersten Marathon vorbereitet und ist zuvor nur gelaufen, wenn sein Hund „Emma“ wieder einmal Gas gegeben hat. Sechs Monate habe ich Florian trainiert und seine Ernährung optimiert. Er war immer hochmotiviert, musste einige Rückschläge wegstecken und hat sich mit eiserner Disziplin auf den Münchener Marathon vorbereitet. Sein Plan: Natürlich nach 42,195 Kilometer das Olympiastadion wieder zu erreichen und nach Möglichkeit sogar unter vier Stunden. Wie es Florian auf dem Weg zu seinem ersten Marathon erging, ob und in welcher Zeit er sein Ziel erreicht hat, das hat er in seinem Videoblog dokumentiert:

VIDEO-BLOG Florian Weiss läuft Marathon 1/3
VIDEO-BLOG Florian Weiss läuft Marathon 2/3
VIDEO-BLOG Florian Weiss läuft Marathon 3/3

Ganz egal wie schnell man läuft, ab einem gewissen Moment schmerzen 42,195 Kilometer immer. Jeder möchte sein Bestes geben, dafür hat man trainiert. Der Wille und der Glaube an die eigene Leistung lassen einen diese schwierigen Momente eines Marathons überwinden. Die Freude über das Erreichen seines persönlichen Ziels ist der Lohn aller Mühen.

Der Schmerz vergeht, der Stolz besteht – Sugar and Pain!

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