In Teil 2/4

Die „Latte“ liegt hoch: Perfekter Milchschaum für mehr Geschmack

Für eine Tasse Cappuccino, Flat White oder Latte Macchiato braucht es neben frischem Espresso auch frisch zubereiteten Milchschaum. Die Zubereitung eines perfekten Milchschaums ist zwar keine Kunst, es braucht dennoch etwas Fingerspitzengefühl und hilft ein paar Kenntnisse über den chemischen Vorgang zu haben, wenn heißer Wasserdampf auf fetthaltige Milch trifft. Perfekter cremiger Milchschaum braucht ein ruhiges Händchen und ordentlich Dampf aus der Düse einer hochwertigen Espressomaschine mit Siebträger – eine Zweikreiser oder Dualboiler am besten.

Milch ist eine Emulsion aus Wasser, Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten in Form von Laktose. Für die Beschaffenheit des Milchschaums gilt dasselbe wie für Training, „Consistency is Key“. Seine Konsistenz hängt vom Eiweißgehalt der Milch sowie der Temperatur und Dauer des Schäumens ab. Kalte, frische H-Milch mit mindestens 3,5 % Fett ist am besonders gut zum Schäumen geeignet. Das Milchfett ist der Geschmacksträger, es lässt den Espresso, Cappuccino, den Caffè Latte oder die Latte Macchiato vollmundig und rund schmecken. Homogenisierte Milch ist einfacher zu schäumen und der Schaum bleibt länger stabil. Für gute Stabilität sorgen ein hoher Eiweißgehalt und das gleichmäßig verteilte Fett in homogenisierter Milch. Letztendlich ist es aber das Milcheiweiß, welches für ein stabiles Schaumgerüst sorgt, denn es umschließt die kleinen Luftbläschen wie ein Gitternetz. Die Milch sollte daher stets frisch sein und nicht lange offen lagert werden.

KOFFEIN IM BLUT: Mit dem Rennrad durch die Espressowüste / Harmonie für den Gaumen, Koffein für’s Blut ©stefandrex.de

Die optimale Temperatur zum Schäumen von Milch ist etwa 65° Celsius. Geht der Milchschaum mit dem Espresso keine cremige Verbindung ein und setzt sich eine instabile, grobporige Schaumkrone ab war der Wasserdampf zu heiß. Wir allerdings möchten einen homogenen und cremigen Milchschaum in unserem Cappuccino, der sich mit dem Espresso verbindet. Der heiße Dampf aus der Düse denaturiert das Milcheiweiß durch die thermisch mechanische Reaktion und erzeugt gemeinsam mit dem Milchfett das stabile, feine und cremig schmeckende Milchschaumgerüst. Zu heißer Dampf läßt das Milcheiweiß gerinnen, den Milchzucker verbrennen und die Milch bitter schmecken.

Mit Geduld und voll Dampf

Perfekten Milchschaum gibts nur mit Geduld und Fingerspitzengefühl vorausgesetzt man hat richtig temperierten Dampf und ein konisch zulaufendes Edelstahlkännchen mit Ausgießer zur Hand. Das Kännchen wird mit kalter, frischer Milch halb voll, etwa 200 ml gefüllt. Vor dem Einführen in das Milchkännchen wird die Dampfdüse ein bis zweimal kurz geöffnet, um sie von kaltem Kondenswasser zu befreien. Die Dampfdüse leicht schräg, etwa 2 cm tief in die Milch tauchen und die Lanze am oberen Kannenrand stabilisieren. Die Kanne wird mit der Hand an Wand und Boden umschlossen, um die steigende Milchtemperatur während des Aufschäumens zu erspüren. Jetzt voll Dampf geben und Luft in die Milch durch wiederholende leichte Auf- und Abbewegungen des Milchkännchens einziehen. Durch das Ziehen wird die Milch erwärmt und die Bläschenbildung beginnt. Das ist Gefühlssache und braucht etwas Übung. Dabei sollte die Dampfdüse nicht zu tief in oder aus der Milch gezogen werden und 1 cm von der Kannenwand entfernt bleiben.

Den Milchschaum crèmig rollen

Ist die Milch handwarm und steigt das Volumen in der Kanne, wird die Dampfdüse tiefer und näher an die Wand eingetaucht. Der noch etwas grobporige Milchschaum wird sich so durch rollen mit der unteren flüssigen Milch vermischen und einen feinporigen, cremigen Milchschaum erzeugen. Die richtige Konsistenz hört man sogar, wenn man das Kännchen auf die Ablage klopft. Rollen ist ähnlich eines Strudels und kann ein kreisen (Strudel) oder walzen (Welle) der Flüssigkeit sein. In dieser Phase wird kaum mehr weiterer Schaum produziert.

Bei etwa 65° Celsius ist Schluss und der Milchschaum sollte fertig sein. Das ist dann der Fall, kurz bevor das Milchkännchen zu heiß ist, um es mit der Hand zu halten. Deshalb ist es wichtig, das Kännchen nicht am Griff zu nehmen (alternativ kann man auch ein Thermometer verwenden). Dann sollte der Dampfhahn zügig zugedreht und gleichzeitig die Dampdüse herausgezogen werden. Das Milchkännchen abstellen und den Milchschaum kurz ruhen lassen, um währenddessen die Dampfdüse noch einmal kurz zu öffnen und mit einem Lappen abzuziehen.

Ist der Milchschaum schön sämig und stabil, schmeckt cremig und süß, ist er perfekt und bereit, einen Espresso zu einem Cappuccino, Flat White oder einer Latte Macchiatto zu verzaubern. Vor dem Eingießen wird das Milchkännchen nach einer kurzen Ruhepause noch 2 -3-mal leicht auf die Ablage geklopft und etwas geschwenkt. So lösen sich letzte grobe Luftbläschen und der Schaum wird noch etwas kompakter. Jetzt wird der Milchschaum erst langsam und dann zügig kontrolliert dem Espresso in die schräg gehaltene Tasse zugegeben, je nach Wahl des finalen Espressogetränks.

MILCHSCHAUM KURZ & KNAPP

  • Es braucht mindestens 45° Celsius, dass Milchschaum entsteht.
  • Zu heiß geschäumte Milch wird wässrig.
  • Ist ein dumpfer, brodelnder Ton in der Kanne zu hören, kocht die Milch bereits.
  • Bereits einen Tag offen gelagerte Milch lässt sich schlechter schäumen.