Am Samstag, 13. Juni 2015 rockten einige wilde Jungstars der Triathlonszene und fast 500 ambitionierte Triathleten den Sixtus Schliersee Alpen Triathlon mit einem heißen Ritt auf den Spitzingsattel. Nach dem Saisonauftakt über die Kurzdistanz beim DTU Cup in Forst habe ich mich kurzfristig entschlossen an der wohl härtesten Kurzdistanz im Triathlon teilzunehmen und die spektakulären Wettkampfstrecken als knackige Trainingseinheit und einen idealen Formtest zu nutzen.

Für seine faszinierende Kulisse in den bayerischen Voralpen und der legendären Rad- und Laufstrecke ist der Alpen Triathlon unlängst bekannt Das hat sich mittlerweile nicht nur in Europa sondern bis über den Atlantik rumgesprochen, denn es stand bereits die 28. Auflage der traditionellen Kurzdistanz an. Welch ein Pass, was für eine Rampe! Nach dem und den ersten 30km auf dem Rad erreicht man die Spitzingstraße. Von nun an geht es nur noch bergauf: 3,5 Kilometer lang, 360 Höhenmeter, keine Kehren oder flachen Abschnitte, maximale Steigung 14 Prozent!

Fast 500 Triathleten aus ganz Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und sogar Kanada waren bei optimalen Wetterbedingungen pünktlich um 14 Uhr zum Start am Schliersee gekommen. Darunter waren Kurzdistanzspezialisten, Elite- und Profi-Triathleten, wie der Altenfurter Tobias Heining, Thomas Steger vom Pewag Racing Team oder Christian Jais, die das Zeug für einen starken Gipfelsturm haben. Erstmals am Schliersee und überhaupt am Start eines Triathlons, war auch Jan Wolfgarten, der Schwimmtrainer von Ironman-Hawaii-Sieger Sebastian Kienle. Der ehemalige Leistungsschwimmer und Europameister möchte nun selbst in den Triathlon einsteigen und feierte somit beim Sixtus Schliersee Alpen Triathlon sein Debüt. Wenn der Spitzing ruft ist auch Langlaufspezialist Peter Schlickenrieder am Start, der manchem ambitionierten Triathleten wieder einmal klar gemacht hat, wie man einen Berg bezwingt.

 

Der Alpen Triathlon als perfekten Trainingseffekt

Eher kurzfristig habe ich mich eine Woche zuvor zum Start beim Sixtus Schliersee Alpen Triathlon entschlossen. Die späte Anmeldung bescherte mir Startnummer 15 Voll im Training auf meine erste Langdistanz, ohne entsprechender Vorbereitung und Erholung stand für mich zum fünften Mal in 25 Jahren Triathlon der heiße Ritt auf den Spitzingsattel auf dem Trainingsplan. Dennoch erhoffte ich mir natürlich einen schönen Wettkampf vor einer faszinierenden Kulisse und einen perfekten Trainingseffekt für meine Vorbereitung auf den Ironman Vichy in 75 Tagen. Wettkampf ist Wettkampf, da möchte man stets sein Bestes geben. Die ungewöhnliche späte Startzeit für einen Triathlon erforderte eine entsprechend Tagesplanung. Zu einer Tageszeit, wenn andere bereits wieder müde werden, galt es fit am Start und Ufer des Schliersees zu stehen. Also musste auch die Ernährung am Wettkampftag richtig geplant sein und ich entschied mich für eine lockere Laufeinheit nach einem ersten kleinen Frühstück, etwas Lauf ABC und ein paar kurzen Steigerungen. Dadurch waren die Kohlenhydratspeicher wieder leicht abgeschöpft und das Fenster für ein leichtes, kohlenhydratreiches Frühstück geöffnet, um die Speicher noch einmal randvoll zu machen.

 

Geduld und Stehvermögen – wichtige Qualitäten beim Alpen-Triathlon

Beim Sixtus Schliersee Alpen Triathlon mit seinem knapp 4 Kilometer langen Anstieg und der durchschnittliche 10 Prozent Steigung hinauf zum Spitzingsee kommt es auf besondere Qualitäten an. Entscheidend ist es nicht zu früh die Körner zu verschießen und möglichst energiesparend aber dennoch zügig den Spitzingsattel zu erklimmen, um noch genügend Spritzigkeit für die selektive Laufstrecke in den Beinen zu haben. Geduld war angesagt, um sich nicht von Attacken verleiten zu lassen. Die Wetterbedingungen waren ideal: Hitze, Temperaturstürze, ja sogar Schnee gab es hier bereits in der Vergangenheit. Ein kurzer Regenschauer während des Check-In’s sorgte zwar für etwas Erfrischung aber rechtzeitig zum Start lockerte die Bewölkung wieder auf und Sonne kam wieder raus. Vor allem aber stark böiger Wind sollte den Rennverlauf bestimmen und sorgte gleich zu anfangs für eine etwas längere Schwimmeinheit. Eine Boje hatte sich wohl leicht verlagert, denn mein Polar V800 zeichnete eine Schwimmstrecke von mehr als 1,7 km statt der 1500 Meter auf, was auch die Schwimmzeiten belegten. Der Wellengang und Gegenwind ab dem zweiten Drittel des Dreieckskurses erschwerten die Wassereinheit zusätzlich. Nicht desto trotz waren die Bedingungen für alle gleich. Doch halb so wild, was die erst Disziplin betraf, jetzt erst einmal von Anfang an!

 

First out of the Water beim Triathlon-Debüt

Der Schwimmstart verlief für mich gewohnt problemlos und ich konnte mich schnell vom Feld absetzen – zumindest auf meiner Seite des Startfeldes, denn die Favoriten mit Jan Wolfgarten waren rechts gestartet. Von beiden Seiten schwammen wir somit auf die erste Boje zu, doch mein Abstand zur Führungsgruppe betrug da bereits gute 15 Meter, um im Wasserschatten gegen die nun von vorne kommenden Wellen und den Wind zu schwimmen. Ich schwamm also alleine, mit zwei Triathleten im Schlepptau und schlechter Sicht bis zur zweiten Wendeboje. Auf dem Weg zum Ausstieg konnte ich mich schließlich absetzen und noch zwei Schwimmer überholen. In der Folge stieg ich als Siebter aus dem Schliersee und auf’s Rad. First out of Water bei seinem Triathlon-Debüt war Jan Wolfgarten, womit bei einem Schwimmeuropameister durchaus zu rechnen war. Mit 2:14 Minuten war mein Rückstand doch nicht so groß wie erwartet. Das mag wohl an der fehlenden Erfahrung im Freiwasser und herausfordernden Orientierung von Jan gelegen haben. Ähnlich erging es an gleichem Ort und im selben Rennen in den 90er-Jahren dem Olympiasieger Michael Gross. Nach einem guten Schwimmen ging’s dann auf dem Rad schnell zur Sache und nach nur 5 Kilometern einrollen bereits in den ersten Anstieg Richtung Wörnsmühle.

Berg-Spezialisten und Flachland-Tiroler

Viel Bergtraining in den Dolomiten und lange Trainingseinheiten bei heißen Temperaturen und gegen den Wind am Gardasee standen während der vergangenen Wochen auf meinem Plan. Ob die geringe Erholung und Spritzigkeit für die kurzen und knackige Strecke des am Samstag gegeben war, wurde mir nach den großen Umfängen schnell beantwortet. Die Radstrecke des Alpen Triathlon ist für Bergspezialisten und wer hier als erster am Spitzingsattel ankommen und ganz oben auf dem Stockerl stehen möchte, der ist für diesen Tag optimalvorbereitet und gut erholt. Keines von beidem traff an diesem Tag auf mich zu und zeigte mir die erste Steigung bereits meine heutigen Grenzen auf. Auf den Bergabpassagen und im Flachen hingegen konnte ich ordentlich Druck machen. Was folgte war ein überholt werden und überholen auf der bergigen Radtrecke. In Fischbachau hatte ich meinen Abstand vom Schwimmen zu Jan Wolfgarten gut gemacht und konnte ihn mit einem kurzen „Servus“ überholen. Nur wenig später ging es dann schon links weg und hinauf zum Spitzingsattel. Spätestens hier standen Flachland-Tiroler vor einer großen Herausforderung, wer hier überzockte, der sollte es auf der Laufstrecke bitter bereuen.

Jäger oder Gejagter

Dieser Herausforderung haben sich auch der mehrfache österreichische Meister Franz Höfer, genauso wie der Wolfgangsee-Challenge-Gewinner Maxi Kirmeier, der Altenfurter Tobias Heining und kurzfristig auch Thomas Steger, Pewag Racing Teamkollege von Faris Al-Sultan und Marino Vanhoenacker gestellt. Mit der Vorjahressiegerin und frisch gekürten Bayerischen Meisterin über die Sprintdistanz, Renate Forstner war bei den Frauen zu rechnen, die mit Julia Viellehner eine kurzfristig starke Herausforderin bekam. Julia Viellehner, erst vor einer Woche im Kraichgau mit dem Sieg ihrer Altersklasse und der Qualifikation für die Ironman 70.3 World Championships in Zell am See belohnt, wollte den Alpen Triathlon als „Trainingseinheit und kleine Laktatdusche nutzen“, wie sie mir beim Check-In erzählte. Es lässt sich jedoch immer schwer vorhersagen, wer hier wen jagen wird und das verspricht Spannung pur, wer wohl als Erster den Spitzingsattel erreichen wird.

Tour de France-Stimmung am Spitzingsattel

Dank meiner Erfahrung von fünf Starts beim Alpen-Triathlon bin ich den Spitzingpass von Beginn an moderat angefahren und habe eine hohe Trittfrequenz gewählt. Im mittleren Teil folgte die maximale Steigung mit 14 Prozent, die ich im Wiegtritt nahm. Im verbleibenden Anstieg konnte ich mehr Druck machen und auf 1.129 Höhenmetern wurden wir Triathleten dann von einer begeisterten Zuschauermenge und einer Stimmung wie bei der Tour de France empfangen. Die letzten Meter wird man regelrecht hinauf gejubelt und so nach 3,8km und 15 Minuten bergaufwärts mit einem kurzen Traumblick in Richtung Valepp für die Strapazen belohnt. Auf der ein Kilometer kurzen Abfahrt zum Spitzingsee und der zweiten Wechselzone hieß es runter vom Rad, rein in die Laufschuhe und wieder raus auf die Laufstrecke.

Über Almwiesen und randvoll mit Milchsäure um den Spitzingsee

11,3 Kilometer Laufen ins Valepp und rund um den Spitzingsee lagen noch vor mir. Nach der langen Bergauffahrt ganz sicher kein Zuckerschlecken und etwas länger als geplant. Der zweite Wechsel lief reibungslos und ich konnte schnell meinen Laufrhythmus finden. Nicht zu flott und überraschend locker lief es bergab zur Albert-Link-Hütte, gefolgt von einem Anstieg und der ersten Schleife über einen Höhenweg zurück zum Spitzingsee. Ich konnte wieder Platz für Platz und ebenso Zeit gutmachen. Jedoch bemerkte ich auch schnell, dass ich heute nicht in der Lage war das Tempo über die kompletten 2,5 Runden um den Spitzingsee zu halten. Das Gefälle über die unebene Almwiese vorbei an den weidenden Kühen ließ meine hintere Oberschenkelmuskulatur verhärten, so dass ich die Schrittlänge im weiteren Verlauf verkürzen musste. Ausreichend Zeitpolster zu den Verfolgern und keinen Vordermann mehr im Blick versuchte ich meine Pace zu halten.

Die Laufstrecke wurde ziemlich voll als man nach der ersten Seerunde die langsameren Triathleten überrundete. So wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht an welcher Position ich lief. Die letzte Runde war hart, die Muskeln auch und ziemlich leer. Ich hatte das Gefühl dass mir die Milchsäure bis „Oberkante Unterlippe“ stand, was gewiss nicht an den vielen Milchkühen auf der Laufstrecke lag. Die letzten Meter in’s ersehnte Ziel ging es noch einmal bergauf und nach 2009, 1994, 1992 und 1991 war ich dann zum fünften Mal in 25 Jahren glücklicher Finisher der wohl spektakulärsten Kurzdistanz im Triathlon. Mit Startnummer 15 war das der 15. Platz bei den Männern und Platz 3 in der Altersklasse – eine Punktlandung. Echtes Gipfelglück! Das war mein bestes Ergebnis beim Sixtus Schliersee Alpen Triathlon seit meiner Zeit als Junior. „Wie das Rennen wohl mit Startnummer 5 gelaufen wäre?“, nur ein flüchtiger Gedanke bevor ich mich wie alle tapferen Triathleten traditionell mit dem legendären Kaiserschmarrn belohnte. Reichlich verdient und wohl die beste Zielverpflegung, um die geleerten Kohlenhydratspeicher wieder schnell und schmackhaft zu füllen.

Nach dem Alpen Triathlon heißt es jetzt für mich aber erst einmal regenerieren, um für den nächsten Trainigsblock ordentlich erholt zu sein!

Die Siege des Sixtus Schliersee Alpen Triathlon 2015 gingen an Julia Viellehner bei den Frauen und an Thomas Steger vom Pewag Racing Team. Erstmals fiel der Startschuss des Sixtus Schliersee Alpen Triathlon 2015 um 14.00 Uhr. Neu war auch die zweite Wechselzone unterhalb der Taubensteinbahn unmittelbar am Spitzingsee. Der Sixtus Schliersee Alpen Triathlon ist zum zweiten Mal auch Teil der deutsch-österreichischen Triathlon-Serie „AlpenASS”, zu der auch der Chiemsee Triathlon, der Trumer Triathlon und der Transvorarlberg Triathlon zählen.

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