Teil 1

Ristretto: Der kurz und knackige Espressotyp

Er ist der „Hot Shot“, der Kürzeste und Intensivste: Der Ristretto enthält die höchste Dosis Koffein komprimiert auf eine geringe Menge an Kaffee. Derweil kurz nicht dessen Extraktionszeit, sondern die Füllhöhe beschreibt. Es bedeutet also nicht, die Dauer der Extraktion bei der Zubereitung eines Ristrettos einfach zu verkürzen. Die Einhaltung der Extraktionszeit von etwa 25 – 30 Sekunden ist entscheidend für den vollen Geschmack des Espressos und die gilt auch für den Ristretto. Während des ersten Drittels der Extraktion werden die Bitterstoffe extrahiert, das Aroma entfaltet sich im zweiten Drittel und schlussendlich kommt die Säure des Mahlguts zum Tragen, um das volle Geschmackserlebnis zu entfalten. Würde bei der Zubereitung eines Ristrettos und jedes anderen Espressos verkürzt oder gar halbiert, beschnitte man den Geschmack um dessen feine Säure oder gar bunten Aromen.

KOFFEIN IM BLUT Welcher Espressotyp bist Du? / Ristretto © SUGAR & PAIN / stereographic

Für die Zubereitung eines Ristrettos ist den Mahlgrad bei gleicher Menge des Mahlguts (7,5-9 g Kaffeemehl) feiner einzustellen, ist eine Option. So kommt man nach 25s Extraktionszeit auf die erforderliche Füllmenge von circa 15-20 ml pro Tasse. Man sollte etwa ein Verhältnis von 1 ml Wasser zu 1 g Mahlgut angepeilen, um das volle konzentrierte Aroma in einen Ristretto zu extrahieren. Es ist deshalb leichter, mehr Mahlgut zu verwenden und den Mahlgrad beizubehalten, um mühsames Feinjustieren zu vermeiden.

Der Purist: Espresso

Der, um den sich die gesamte Kaffeewelt dreht und um den es in unserem Beitrag hier geht, ist die Essenz des Kaffees und extrahierte Basis sämtlicher Variationen: Espresso. Puristen trinken ihn am frühen Morgen, am Mittag und am späten Abend. Sie genießen ihn tagsüber zum kurzen Meeting in der Bar, nach dem Mittagessen, zur süßen Torta della Nonna am Nachmittag oder nach dem Abendessen. Beinahe immer zu jeder Gelegenheit. Die Zubereitung eines Espresso ist so simpel und schnell, seine besondere Qualität abhängig von Bohne, Mahlgrad, Mahlmenge und Vorpressdruck mit Hilfe eines Tampers. Eine richtig eingestellte, hochwertige Espressomaschine mit Brüchgruppe und Siebträger, sowie eine gute Kaffeemühle setzten wir an dieser Stelle mal voraus.

Es braucht je nach Art und Röstung der Espressobohne 7-9 g Mahlgut im Siebträger, um das gesamte Geschmacksvolumen aus einem Espresso mit 25-30 ml zu extrahieren. Für sortenreine Arabica Röstungen können es auch 12-14 g Mahlgut sein, damit die letzten 8-10 ml eines Espressos genauso intensiv und weniger wässrig werden. Geschmacksache eben. Für die perfekt koffeinhaltige Suspension werden wasserunlöslichen Öle mit etwa 90° heißem Wasser und mindestens 9 bar Druck aus dem Mahlgut extrahiert und zu einem Espresso emulgiert (kolloidale Suspension).

KOFFEIN IM BLUT Welcher Espressotyp bist Du? / Espresso © SUGAR & PAIN / stereographic

Zu kaltes oder zu heißes Wasser und zu wenig oder zu viel Druck führen zu einer Unter- bzw. Überextraktion und mangelhaftem Ergebnis: Der Espresso ist kalt oder zu heiß, schmeckt sauer, bitter oder wässrig und hat wenig Körper (Geschmacksvolumen). Auch der Härtegrad trägt maßgeblich zum Ergebnis und Geschmackserlebnis bei. Ideal sind 5-7. Durch den hohen Druck und die kurze, aber heiße Kontaktzeit des Mahlguts mit Wasser – vergleiche Filterkaffee – werden deutliche mehr Kolloide (in Wasser gelöste Öltröpfchen, die natürliche Aromen, Säure und Bitterstoffe enthalten) gelöst, die dem Espresso seinen intensiven Geschmack und vollmundig herzhaften Körper verleihen. So weit zur Chemie.

Sein Name übrigens bezeichnet keineswegs die Geschwindigkeit der Zubereitung oder des Trinkens. Espresso ist abgeleitet von „espressivo“ und bedeutet „ausdrucksstark“, und „ausdrucksvoll“ oder zu deutsch „expressiv“. Worauf sich die Namensgebung von Angelo Moriondo im Jahre 1884 genau bezog, darum ranken sich einige Mythen. Signore Moriondo erfand im Jahre 1884 die Methode, Kaffee mithilfe einer Maschine und hohem Druck schneller und stärker zu brühen, um die Wartezeit seiner Gäste bei intensiverem Kaffeegenuss zu verkürzen. Ob letztendlich der hohe Druck, der intensive Geschmack oder beides sowie die schnelle und frische Zubereitung von Espresso zu dessen Bezeichnung führten, bleibt offen.

Der klassische Espressotyp: Cappuccino

Durch seinen geschmacklich runden Geschmack und die gute Bekömmlichkeit hat sich der Cappuccino zum beliebtesten Kaffee-Export Italiens gemausert. Die Zugabe von zwei Drittel mit 65° Wasserdampf heiß geschäumter Milch verdünnt den stark koffeinhaltigen Espresso und macht ihn bekömmlicher. Durch die Hitze wird die in Milch enthaltene Laktose in Galaktose (Schleimzucker) und Glukose (Traubenzucker) gespalten, was ihre Verträglichkeit und Aufnahme im Magen-Darm-Trakt erleichtert. Die fein zerstäubten Fettkügelchen der cremig geschäumten Milch verstärken die Aromen von nussig über schokoladig bis umami, akzentuieren die Säure und runden die zartbitteren Röststoffe des Espressos ab. Wahrscheinlich auch mit ein Grund, weshalb die Menschen gerne die koffeinhaltige Milchschaumhaube, auf Italienisch il cappuccio, löffeln.

KOFFEIN IM BLUT Welcher Espressotyp bist Du? Cappuccino © SUGAR & PAIN / stereographic

Physikalisch betrachtet sind in einer Tasse Cappuccino nach handwerklich perfekter Zubereitung ein drittel Espresso und zwei drittel Milch enthalten, bestehend aus einer Hälfte geschäumter Milch und einer Hälfte Milchschaum. Milchschaum unterscheidet sich durch die Menge des Lufteinschlusses von geschäumter Milch, die hingegen cremiger, etwas schwerer ist und sich nach fertiger Zubereitung zwischen Espresso und Schaum einlagert.

Australischer Koffeingenuss: Flat White

Selbst unter den Baristi wird die Espressospezialität aus Down Under noch immer viel diskutiert, was im Flat White drinsteckt und wie er letztendlich richtig zubereitet wird. Mag er sich hierzulande gerade erst zum Kaffeetrend entwickeln, ist der „Flache Weiße“ in Australien ein Kind der 80er-Jahre. Flach, denn der Milchschaum wird nur bis knapp unter den Tassenrand zugegeben. Der Cappuccino hat stattdessen eine kleine Haube, auf Italienisch il cappuccio. Es sind aber nicht nur Optik und Name, wodurch sich ein Flat White vom Cappuccino unterscheidet.

KOFFEIN IM BLUT Welcher Espressotyp bist Du? Flat White © SUGAR & PAIN / stereographic

Der Milchschaum des Flat White untescheidet sich auch in seiner Konsistenz. Der Milch wird weniger Luft während des Schäumens zugeführt, es wird früher mit dem Rollen begonnen, was den Milchschaum feinporiger und durchgängig homogener. Meist wird ein Flat White auf Basis eines Doppio zubereitet. Eine besonderes Spezialität ist stattdessen einen doppelten Ristretto zu extrahieren, der selbst schon sämiger ist und beinahe der Konsistenz des Milchschaums entspricht. Er ist deutlich intensiver im Geschmack, enthält auf seine geringe Menge mehr Koffein und geht eine besonders aromatische Bindung mit dem feinporigen Milchschaum ein. Der Flat White eignet sich besonders für Latte Art und kommt sehr oft mit sehr kreativ gestalteten Mustern. Je höher der Eiweiß- und Fettgehalt ist, um so leichter gelingt das.

Wie das Koffein im Körper wirkt ist individuell sehr unterscheidlich. Nicht nur der Geschmack, auch die Verträglichkeit ist entscheidend dafür, welcher Espressotyp man ist und welche Espressovariante man ab besten vor oder im Training oder Wettkampf verträgt. Mehr dazu erfährst Du in meinem Beitrag KOFFEIN IM BLUT Wachmacher und Leistungsverstärker.