„Stil hat man oder hat man nicht“, heißt es in der Mode, hingegen im Laufsport ist der Laufstil eine Frage der richtigen Lauftechnik und Schrittfrequenz. Läuft man an einem Sonntag Nachmittag in der bayerischen Weltstadt mit Herz entlang der Isar begegnet oder überholt man so einigen Läufer*innen und Laufstilen. Während die einen trippeln wie Ballerinas oder Stepptänzer, machen manche derart lange Schritte als wollten sie einen neuen Dreisprungrekord aufstellen und wieder andere stampfen als hätten sie Sorge um die Schwerkraft. Laufstile sind so individuell wie die Menschen. Doch Individualität hin oder her, so geht es im Laufsport doch um mehr. Mag die Motivation regelmäßig zu laufen noch so verschieden sein, ob nur Bewegung an der frischen Luft, Kalorienverbrennen oder konkrete Trainingsziele, so steht über allem auch stets die Erhaltung der Gesundheit. Welcher Laufstil warum zu bevorzugen ist, nachhaltig das Risiko vor Verletzungen durch Überbelastung reduziert und die Freude am Laufsport erhöht, erfährst Du hier.

Zwischen den diversen, extremen Ausprägungen an Laufstilen liegen zahlreiche Variationen der Schrittfrequenzen, -längen oder -höhen. So wird getippelt, gesprungen oder gehüpft, gefedert, geschlapft oder geplatscht, es wird gerollt, geschlürft oder getrampelt. Es gibt Fersen-, Flach-, Mittel oder Vorderfuss-Läufer*inne, nach hinten geneigte oder nach vorne fallende Läufer*innen, stocksteif durch die Gegend Rennende oder von links nach rechts Pendelnde und so weiter und so fort Laufende. Na, hast Du dich schon entdeckt?

MIT LAUFSTIL ODER BESENSTIL

Interessante Laufstile entdeckt man allerorts und prominente gibt es da ebenso einige. 5000m Olympiasieger Dieter Baumann hat eine solch raumgreifende Schrittlänge, dass er schon unabsichtlich so manchem Konkurrenten auf die Fersen getreten ist. Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt, kurz „Mocki“ hat sich bei ihrem 6. Platz über 10000 Meter während der Europameisterschaft in Zürich blutenden Wunden am Knie und Schienbein während des Laufs zugezogen: „Es ging auf der Bahn sehr eng zu, da habe ich die Spikes der vor mir laufenden Gegnerinnen abbekommen.“

Haile Gebrselassie hingegen bewegt einen Arm stets etwas mehr nach aussen angewinkelt, als ob er ein Päckchen darunter zu tragen hätte. Er hatte sich das als Kind angewöhnt als er noch den weiten Weg mit Schulranzen zur Schule laufen musste. So aufrecht und stocksteif wie Michael Johnson, der ehemalige Weltrekordler über 200 und 400 Meter (22x unter 44 Sekunden) lief bislang allerdings kaum jemand. Er dürfte tatsächlich so etwas wie einen Besenstil verschluckt haben.

Honolulu Marathon 2010: Mit hoher Schrittfrequenz durch das Blaue Paradies / Mehr als 22000 Starter ©stefandrexl.de
Honolulu Marathon 2010: Mit hoher Schrittfrequenz durch das Blaue Paradies / Mehr als 22000 Starter ©stefandrexl.de

ÜBER ÄSTHETEN UND STILISTEN

Und dann gibt es die Stilisten, die großen Wert auf die stets korrekte Ausführung der richtigen Lauftechnik legen. Deren Laufstil wunderschön anzusehen ist und die Runde für Rund dahin zu gleiten scheinen, aber dennoch nicht sehr schnell sind, weil sie die Erhaltung ihrer Lauftechnik unglaublich viel Energie kostet, um vor allem die Stabilität zu erhalten. Und dann gibt es die absoluten Ästheten, die das Talent besitzen sich optimale fotzubewegen oder die regelmäßige ihre koordinativen Fähigkeiten trainieren, um das Optimum mit ihren persönlichen Fertigkeiten herauszuholen und einen nachhaltigen Laufstil entwickeln, der nicht nur wunderschöne anzusehen ist, sondern auch ökonomisch und vor allem sehr schnell ist. So beträgt die Schrittlänge von Usain Bolt satte 2,95 Meter womit er grade einmal 41 Schritte für die aktuell schnellsten 100 Meter in 9,63 Sekunden benötigt. Das entspricht einer Schrittfrequenz von etwa 128 pro Minute  und einem Laufstil geprägt von Leichtigkeit und Ästhetik. 

Das beschreibt doch ziemlich deutlich, dass der Laufstil und damit verbundene Schrittlänge und Schrittfrequenzen eine sehr individuelle Sache sind. In der Weltspitze des Ausdauersports werden durchschnittlich 180-190 Schritte/Minute (Schrittfequenz >90/min) gelaufen. Freizeitläufer hingegen kommen auf lediglich 150-160 Schritte/Minute (Schrittfequenz 75-80/min). Kombiniert man diese Schrittfrequenzen nun noch mit den kürzeren Schrittlängen, ergeben sich Zeitdifferenzen im Marathon von bis zu zwei Stunden. Nun ist nachvollziehbar, dass die Schrittlänge nicht beliebig verlängerbar ist. Nachweislich bekannt ist auch, dass es nicht die eine optimale Schrittlänge gibt, nachdem wir bereits geklärt haben, dass die Individualität der Läufer*innen sehr hoch ist.

Es gilt also eine individuel optimale Schrittlänge durch fokussiertes Techniktraining herauszufinden, die über eine möglichst lange Dauer und hohe Geschwindikeit erhalten werden kann, also sowohl ökonomisch als auch schnell ist. Sie ist abhängig von Beinlänge. Wissen sollte man auch, dass Schrittlänge nicht gleich der Distanz (Schreittweite) ist, die mit einem Schritt überwunden wird. Die Schrittweite wiederum ist abhängig von der physiologischen Leistungsfähigkeit und trainierbar. Daraus ergibt sich im Laufsport technisch gesehen einzig die Schrittfrequenz als tatsächle Variable und trainierbares Element.

Das erklärt auch, warum eine Verkürzung der Schrittlänge zum Zwecke einer Steigerung der Schrittfrequenz nicht automatisch schnellere Laufzeiten mitsichbringt, wenn gleich es aufgrund des geringeren Impacts auf den Bewegungsapperat sicherlich gesünder wäre. Doch leider ist das nicht der richtige Weg.

Über die Schrittfrequenz zur Laufgeschwindigkeit

Dieser Weg würde einerseits eine bereits gut trainierte Ausdauer- und Schnelligkeitsfähigkeit oder ein großes Talent und andererseits viel Motivation für einen Weg erfordern, der zwar die Schrittfrequenz aber nicht automatisch das Tempo steigert.

Durch ein strukturiertes Training der Ausdauer- und Schnelligkeitsfähigkeit hingegen kann nachhaltig eine optimale Schrittlänge entwickelt werden. Parallel sollten genauso regelmäßig individuell angepasste Lauf-ABC-Übungen sowie Flexibilitäts- und Stabilitätstraining durchgeführt werden, um die Schrittfrquenz langfristig zu steigern und die hohen Laufumfänge zu kompensieren. Für eine individuelle Verbesserung und nachhaltige Entwicklung des Laufstil kann ein Lauftraining von der Stange nur selten gegeignet sein. Um nicht auf gut Glück zu trainieren und einen verletzungsfreien Aufbau zu gewährleisten, sind individuell angepasste Trainingsmethoden nicht nur in den Laufschuhen essenziell. Die Steigerung der Bewegungsfrequenz ist einzig über eine gesteigerte Koordinationsfähigkeit möglich und erfordert mehr Trittsicherheit mit jedem Schritt. Dies ist maßgeblich für eine Ökonomisierung und Steigerung der Laufgeschwindigkeit. Einzig die Steigerung der Variablen Schrittfrequenz durch gezieltes Techniktraining kann die Laufgeschwindigkeit effektiv gesteigert werden. So wie das über die Armzugfrequenz im Schwimmen oder die Trittfrquenz im Radsport ebenso funktioniert. Dafür ist nicht nur Ausdauer sondern auch Disziplin und Geduld gefragt. Und übrigens: Zu lange Schritte sehen nicht nur komisch aus, sie kosten auch verdammt viel Energie und damit Zeit!

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