FALSCHES TIMING DER ATMUNG IM KRAULSCHWIMMEN

Bereits mit Beginn der Druckphase des Armzugs den Kopf für die Atmung aus dem Wasser zu heben, finden viele Kraulschwimmer sehr bequem. Oft sieht man diesen Fehler zusammen mit einer fehlenden Körperrotation und ständigem Blick nach vorne. Das Problem, die Energie wird damit zum einen nicht für den Vortrieb genutzt und gleichzeitig steigt der Wasserwiderstand durch eine Verschlechterung der Wasserlage. Das geht gelegentlich einher mit einem zu frühen Absinken des vorderen (passiven) Arms. Die Folge es bremst.

Es sollte während des maximalen Vortriebs durch den aktiven Armzug in der Druckphase stets für eine möglichst lange Erhaltung einer widerstandsarmen Wasserlage geachtet werden. Die Dauer einer Störung dieses optimalen Zustands ist so kurz wie möglich zu halten. Dafür ist mit jedem Armzug eine Körperrotation zur aktiven Seite erforderlich. Erst mit Verlassen der Hand am Ende der Druckphase an der Hüfte erfolgt die Atmung durch ein leichtes Drehen des Kopfes. Idealerweise ist ein Auge über, das Andere blickt unter Wasser zur Seite. So entsteht ein ideales Wellental, in dem der Mund frei von Wasser zum Atmen ist.

Die Einatmung endet mit Vorbeischwingen des Armes am Gesicht während der Entlastungsphase und der Kopf dreht wieder ins Wasser. Zeitgleich rotiert der Körper in die Ausgangslage und der andere Armzug wird eingeleitet. Erst die Hand, dann der Unterarm mit hohem Ellenbogen, während die Schulter stabil den Oberarm oben hält. Das Kraulschwimmen mit dem optimalen Timing von Atmung und Armzug nennen wir Front Quadrant Crawl.

Besser Schwimmen: Schnelle Überwasserphase und hohe Armzugfrequenz
Besser Schwimmen: Atmung ausschliesslich in der Überwasserphase des Armzugs bei gerader Kopfhaltung.

KRAULSCHWIMMEN MIT GERADEM ARMZUG

Mit der Einatmung im Kraulschwimmen wird von vielen Schwimmer*innen der gegenüberliegende Arm gerade gestreckt nach unten gedrückt, unbewusst oder mit Absicht, um sich abzustützen. Das ist ein falsches Timing und schlecht für die Wasserlage, wie ich weiter oben bereits beschrieben habe.

Ebenso viele Kraulschwimmer*innen haben eine vermeintlich falsche Vorstellung eines richtigen Kraularmzugs oder dessen, was sie tun und machen die Zugeinleitung mit gerade gestrecktem Armzug auf beiden Seiten. Diese „Technik“ ist sehr ineffektiv und verbraucht viel Energie. Es verschlechtert deutlich die Wasserlage und steigert erheblich den Wasserwiderstand.

Was passiert bei einem gerade gestreckten Armzug: Das Wasser wird im ersten Drittel vorne nach unten gedrückt (Rotation). Daraus resultiert kein Vortrieb und gleichzeitig bremst das von vorne anströmende Wasser die Schwimmer*in. Ab einem bestimmten Moment im zweiten Drittel wird der Hebel zu groß und die Schwimmer*in würde zudem nach vorne unten sinken, weil die Schwimmgeschwindigkeit stark abnimmt. Daraufhin wird bewusst oder unbewusst der Unterarm nach oben gebeugt, die Schulter rotiert dabei weiter, und eine schnelle Klappbewegung unter den Körper ausgeführt, während die Schulter den gesamten Arm bereits wieder aus dem Wasser hebt (Rotation).

Das sorgt für eine Art Windmühleneffekt und ist ähnlich unökonomisch wie ein Raddampfer. Die daraus resultierende hohe Armzugfrequenz verbraucht sehr viel Energie, während nur wenig Wasser kurzzeitig von vorne (Schwimmrichtung) nach hinten bewegt wird. Gleichzeitig wird während jedes Armzuges mit dem gegenüberliegenden Arm gebremst durch ein zu frühes, gerade gestrecktes nach unten Drücken.

Die Lösung ist, sich den Körper ähnlich eines Kanus vorzustellen, wobei Länge und niedriger Frontalwiderstand am energiesparendsten und schnellsten durchs Wasser gleitet. Hat der Körper eine bestimmte Schwimmgeschwindigkeit erreicht, gilt es diese durch einen optimalen und möglichst störungsfreien Vortrieb zu erhalten. Entscheidend sind eine richtige Technik und das richtige Timing. Bei einem Kanu taucht man erst das Blatt des Paddels kontrolliert und leicht in Fahrtrichtung geneigt ein und steckt es dann von der Eintauchphase bis zur Zugphase tiefer. Dabei wird die aktuelle Fahrgeschwindigkeit (Strömung) aktiv von der Paddelbewegung aufgenommen und das Wasser weiter beschleunigt, um in der Druckphase mehr Tempo zu machen. Während des gesamten Paddelzugs bleibt das Paddelblatt stets quer zur Fahrtrichtung und bewegt sich auf direktem weg von vorne nach hinten. Durch eine Neigung des Kanus zur gegenüberliegenden Seite erreicht es mehr Stabilität und entsteht ein besserer Hebel für den Paddelzug.

Überträgt man dies auf die Kraulschwimmer*in, auf den menschlichen Körper und den Armzug, so versteht man die Bedeutung einer guten Wasserlage und das Prinzip des Front Quadrant Crawl für den Vortrieb mit dem richtigen Timing für die Atmung. Auf Basis einer guten Körperstabilität zu jedem Zeitpunkt des Kraulschwimmens und mit einer optimalen Körperrotation ist es darum wichtig, den Kraularmzug mit einem hohen Ellenbogen auszuführen. Das Wasser sollte auf direktem Weg von vorne nach hinten, von der Zugeinleitung über die Zugphase bis zur Druckphase bewegt werden, um den Körper vorwärts zu bewegen.

KRAULSCHWIMMEN OHNE KÖRPERROTATION

Zahlreiche Schwimmer*innen liegen während der gesamten Kraulbewegung flach wie ein Brett im Wasser. Das hat große physikalische und physiologische Nachteile für den Vortrieb und den damit verbundenen Energieaufwand. Dennoch sehen die Wenigsten den Bedarf, das zu ändern. Flach im Wasser zu liegen führt zu einem konstant hohen Frontalwiderstand durch die Schulter während des Schwimmens. Flach im Wasser zu liegen braucht eine höhere Schulterflexibilität in der aktiven Zug- und Druckphase sowie in der Entlastungsphase. Flach im Wasser zu liegen erschwert die Körperstabilität, insbesondere in der Hüfte und erschwert einen korrekten Beinschlag. Flach im Wasser zu liegen erschwert die Atmung wodurch der Kopf stärker aus dem Wasser gehoben wird.

Rotiert der Körper aber mit jedem Armzug um die Längsachse wie ein Pendel von links nach rechts steigt die Stabilität und reduziert sich der Frontalwiderstand im Wasser. Gleichzeitig erleichtert es wesentlich die Atmung, weil der Kopf nur noch ein klein bisschen in der Achse weitergedreht werden kann, ohne ihn dabei anheben zu müssen. Das verbessert die Wasserlage und bremst weniger. Die Körperrotation vergrößert die Reichweite und erhöht die Muskelvorspannung. Dadurch können Armzug und Beinschlag erst technisch richtig und vor allem effektiver ausgeführt werden. Das spart Energie und erzeugt ein höheres Tempo. Gleichzeitig braucht es weniger Flexibilität in der Schulter, weil die Rotation des Körpers dem Armzug entgegenkommt und ihn unterstützt. Die Körperrotation sorgt für ein entspannteres Schwimmen, ist die Voraussetzung, um sauber durch das Wasser zu „gleiten“ und vieles mehr …

SCHWIMMEN / KRAULTECHNIK / Die Bedeutung des Kraulbeinschlag für Triathleten © SUGAR & PAIN

FAZIT

Wenn Du diese 5 Fehler im Kraulschwimmen vermeidest und die richtig Kraultechnik konsequent trainierst, dann wirst Du mehr Erfolg und Spaß im Wasser haben. Vor allem kannst Du Schulter oder Nackenprobleme vermeiden und nachhaltig deine Gesundheit erhalten und verbessern. Leider ist eine einmal erlernte Schwimmtechnik nicht in Stein gemeißelt und es schleichen sich immer wieder kleine alte oder neue Technikfehler. Das ist die Krux im Wasser und darum trainieren auch professionelle Schwimmer*innen und Triathlet*innen in jeder Trainingseinheit intensiv ihre Technik. Darum sollte unbedingt ein erfahrener Schwimmcoach dein Schwimmtraining regelmäßig betreuen, damit die Kraultechnik und speziellen Technikübungen korrekt ausgeführt werden.

QUELLEN

TITEL: Gorodenkoff / AdobeStock (Typodesign: stereographic)
BILDER: Gorodenkoff, M. Rauschendorfer, S. Drexl
VIDEOS: J. Herbst
ILLUSTRATION: unbekannt